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Berichte

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Auf dem Via de la Plata, 09. - 30. März 2010

Von Zamora nach Santiago und weiter bis ans Ende der Welt - Die Hohenzollerische Jakobusgesellschaft wanderte entbehrungsreiche drei Wochen auf dem Via de la Plata nach Santiago de Compostela.

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Ein Heiliges Jahr in Santiago ist, wenn das Jakobusfest, der 25. Juli, auf einen Sonntag fällt, was 2010 wieder der Fall war. Also machten sich einige Mitglieder der Hohenzollerischen Jakobusgesellschaft unter der Leitung ihres Präsidenten auf, um in drei Wochen auf dem nur wenig begangenen und dafür ursprünglicheren Via de la Plata an den äußersten Nordwestzipfel Spaniens zu wandern, um in einem beeindruckenden Pilgergottesdienst in der Kathedrale zu Santiago de Compostela die Ankunft zu feiern.

In Teilen war dieser Weg, der heute in Sevilla beginnt, eine alte römische Heerstraße, die später von den Mauren “Bal'latta”, genannt wurde, was "breiter gepflasterter Weg" bedeutete. Daraus entstand der Name “Via de la Plata”, was im diesem Fall aber nicht Silberweg bedeutet, wie gerne vermutet wird.

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Der erste Abschnitt nach Zamora wird auch "Camino sanabrés" oder auch Mozarabischer Jakobsweg genannt. Danach trennt nur noch ein hoher Pass die Wanderer von Galicien.
“Auf nach Santiago”, sagten sich die Teilnehmer der Hohenzollerischen Jakobusgesellschaft und zogen am 9. März los. Von Stuttgart ging es per Flugzeug nach Madrid, von dort mit dem Bus nach Zamora, dem Ausgangspunkt einer entbehrungsreichen und alle Kräfte fordernden Wanderung auf diesem Jakobsweg.
Es war früh im Jahr. Außergewöhnlich Regenfälle hatten einige Brücken weggerissen und Wiesen und Felder überschwemmt. An vielen Stellen stand der Weg unter Wasser. Die für die Jahreszeit ungewöhnliche Kälte hatte wenigstens einen Teil des Tages ein Gutes, da alles zugefroren war und man nicht ständig bis zu den Knöcheln im Schlamm versank. In der Ferne leuchteten die schneebedeckten Berge der Sierra de Cabrera.
In den Pilgerherbergen, “Albuerge de peregrinos” genannt, herrschte meistens eine Eiseskälte, die sich vorbeugend abends mit “Vino tinto” und morgens in der nächsten Bar mit einem heißem "Cafe con leche" bekämpfen ließ.

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Später kamen noch Blasen und wundgescheuerte Fersen hinzu, so dass allen klar wurde, dass eine Pilgerfahrt zu Fuß kein Sonntagsspaziergang ist. Der Weg führte die Gruppe meist auf Schotterpisten und auf unter Wasser stehenden Feldwegen durch eine außergewöhnlich schöne Landschaft mit Steineichen, blühenden Mandelbäumen, ginsterartigen Pflanzen mit ersten Blüten und an Vieh- und Schafweiden vorbei.
Es wurden einsame, zum Teil sehr verfallene Dörfer durchquert, in denen nur noch wenige Menschen leben. Der Mangel an Arbeitsplätzen hat auch hier zu einer starken Landflucht geführt. Dort aber wo jetzt Jakobswege durchführen, entsteht zwischen den Ruinen wieder neues Leben.
Am 3. Tag besuchten die Pilger die abseits des Weges gelegenen umfangreichen Überreste des im 13. Jahrhundert im romanischen Stil errichteten Zisterzienserklosters “Santa Maria de Moreruela”. Auf den alten Mauern des Kreuzgangs und den Türmen finden sich zahllose Störche, die auf den Frühling wartend schon auf ihren Nestern stehen.

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Manchmal fielen den Wandern Hügel mit einer stabilen Tür und einem Kaminschlot auf, was sich dann als Weinkeller herausstellte. Nach einer Woche war Galicien erreicht und das Wetter begann allmählich etwas wärmer zu werden. Trotzdem wurde die Gruppe von immer wieder stark einsetzenden Regenböen durchnässt. Weiterhin lagen die Tagesetappen meist deutlich über 30 Kilometer, was für die Moral und den Durchhaltewillen nicht immer vorteilhaft war. Aber die Etappe vor Ourense hatte fast frühlingshaften Charakter und das folgende heiße Bad in der römischen Therme ließ alles bislang Erlittene vergessen. Später folgte ein Besuch der romanischen Kathedrale aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Betreten wird diese Kirche durch das “Pórtico do Paraíso”, dem Säulengang des Paradieses. Da alle Pilgerherbergen um 22 Uhr schließen, blieb leider nur noch wenig Zeit an dem sehr lebendigen Nachtleben in dem historischen Teil von Ourense teilzunehmen.

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Dann waren es noch vier Tage bis Santiago. Alles wird gut, war der aufmunternde Satz des Präsidenten, obwohl man morgens nie wusste, ob die Etappe doch länger als angegeben war, wann es wieder etwas zu Essen und zu trinken gab und man nicht sicher war, auch ein Nachtquartier am Abend zu finden. Aber es ging auch fast alles gut, als die Gruppe auf einer abschüssigen gepflasterten Straße, die die Gelenke und Fußsohlen noch einmal prüfte, endlich die Kathedrale von Santiago erblickte. Vor dem Westportal der Kathedrale, auf dem “Praza de Obradoiro” ist der Sammelplatz der ankommenden Pilger. Dort fallen sich Menschen aus vielen Ländern der Erde nach oft mühsamer Wegstrecke erleichtert und glücklich in die Arme. Auch die Mitglieder der um 2 Personen geschrumpften Gruppe der Hohenzollerischen Jakobusgesellschaft waren glücklich, wie das Strahlen auf den Gesichtern bewies.

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Der Gang durch das “Pórtico de la Gloria”, das Glorienportal, das eigentlich schon zum Heiligen Jahr fertig restauriert sein sollte, aber zum Papstbesuch im Herbst auch fertig sein wird, öffnete den Blick auf die prachtvolle Innenausstattung dieser auf eine lange Baugeschichte zurückblickenden Kathedrale. Oberhalb des Hauptaltars, der auf dem Grab des Jakobus errichtet wurde, erblickten wir die golden leuchtende Zentralfigur des Apostels. An der Ostseite ist nur im heiligen Jahr die Heilige Pforte geöffnet, durch die die Kirche auch betreten werden kann. Die täglich um 12 Uhr stattfindende Pilgermesse ist dann der Höhepunkt und meist auch der Abschluss einer Pilgerreise. So erlebten unsere Pilger auch das nur zu hohen Feststagen und auf Bestellung stattfindende Schwenken des ca. 1,55 Meter hohen und 54 Kilogramm schweren Weihrauchfasses, “Botafumeiro” genannt.

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Nach dem Hochamt wird das Fass an einem 60 Meter langen Seil von einer Gruppe von 8 “Tiraboleiros” in einem spektakulären Schauspiel durch das Querschiff geschwenkt und erreicht dabei eine Geschwindigkeit von 65 Stundenkilometern.
Die Legende sagt, dass der einst strenge Geruch, der in der Kathedrale meist die ganze Nacht betenden Pilger, damit überdeckt werden sollte.
Aber es heißt, dass der Weg erst am Atlantik zu Ende ist. So erreichte man teilweise mit Bus und zu Fuß über “Muxia” das kleine Örtchen “Finisterra”. Wie der Name sagt, ist man am Leuchtturm, dem "Cabo de fisterra" am "Ende der Welt" angelangt.
Zwei letzte Dinge gilt es für die Pilger hier zu tun: das Verbrennen eines Kleidungsstücks, um ein neues Leben ohne Last zu beginnen und sich eine Jakobsmuschel am Strand zu suchen, die an diese Pilgerfahrt erinnern soll. (Wolfgang W. Meyer M.A.)